Eine Presseinformation der Fraktion Bündnis90-Grüne/ Piraten in der Bernauer SVV:
Die Sanierung der schadstoffbelasteten Bernauer Deponie der insolventen GEAB und Entsorgung der riesigen Mengen von Verpackungsmüll gestaltet sich als unendliche Geschichte, die nicht zuletzt aufgrund der horrenden Kosten der Sanierung unabhängig von der Frage der Zuständigkeiten und sich daraus ergebenden Verpflichtungen mehr oder weniger ausgesessen wird. Um Bewegung in die Diskussion um zu bringen hat die Fraktion Bündnis90-Grüne/ Piraten einen Antrag mit einem Prüfauftrag in die kommende SVV eingebracht.
Den Ausgangspunkt der Überlegungen schildert Thomas Dyhr, Vorsitzender der Fraktion Bündnis90-Grüne/ Piraten wie folgt: „…Wenn Abfälle nicht mehr als Abfälle, sondern als vermarktungsfähige Rohstoffquelle betrachtet würden, entstünde eher Motivation, sich hier zu engagieren. Mit dieser Rohstoffquelle könnte dann Gewinn gemacht werden, wenn es gelänge, ohne großen Voraufwand die dort lagernden Kunststoffabfälle zu verwerten und die daraus entstehenden Produkte zu vermarkten. Kostenvorteile werden zudem erzielt, wenn es gelingt, ohnehin anfallende Kosten für die kommunale Entsorgung in den Ansatz zu integrieren.
Wir wollen das Problem gelöst haben und lieber investieren, statt Steuergelder durch Bezahlung einer teuren Sanierung zu konsumieren, bzw. den Landkreis konsumieren zu lassen.“
Weil sie eine kostenintensive manuelle Sortierung der Kunststoffe entbehrlich macht, bietet sich als technische Lösung das chemische Verfahren der Hydrierung an, die alle Kunststoffsorten verarbeiten kann und als deren Produkt eine rohölähnliche Substanz entsteht, die in einer Raffinerie zu Treibstoff oder zu Kunststoffen weiterverarbeitet werden kann. Koppelt man dieses Verfahren mit einem weiteren Verfahren – der hydrothermalen Carbonisierung (HTC) – dann ließe sich die erforderliche teure Energie für die Hydrierreaktion aus der überschüssigen Prozesswärme der Anlage der Hydrothermalen Carbonisierung gewinnen und als „Brennstoffquelle“ aller anfallender Bioabfall vom Klärschlamm bis zum Herbstlaub verarbeiten – also Stoffe, deren Entsorgung ohnehin kommunale Aufgabe ist, welche Geld kostet.
Thomas Dyhr weiter: „Mit einer großtechnischen kombinierten Anwendung dieser Prozesse in Bernau könnte man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen und möglicherweise auch erhebliche Einsparungen erzielen:
- Die stoffliche Verwertung der gelagerten Kunststoffabfälle der Deponien löst das Problem der erforderlichen teuren Sanierung des GEAB und evtl. auch Teilen des Bresto-Geländes auf wirtschaftliche und umweltfreundliche Art und Weise.
- Der Verkauf der daraus entstehenden rohölähnlichen Produkte könnte bei einem Betrieb in öffentlicher Hand die Investitionen wenigstens zum Teil decken und die Sanierung der Flächen quersubventionieren. Ebenso der Verkauf der überschüssigen Prozesswärme im Fernwärmenetz. Die Lage Bernaus an der Bahntrasse nach Schwedt bietet gute Voraussetzungen für den Abtransport der Öle auf dem Schienenweg zur Raffinierie nach Schwedt und könnte zudem auch die Anzahl der Leerfahrten der Bahn in Richtung Schwedt reduzieren.
- Die Anlage wäre je nach Auslegung zudem auch in der Lage, die Kunststoffabfälle des Barnim oder auch evtl. darüber hinaus aufzunehmen und würde die Entsorgungssicherheit der angeschlossenen Landkreise stärken. Die Einsparung von Entsorgungskosten, bzw. kostenpflichtige Abnahme von Kunststoff zum Recycling trüge zur Wirtschaftlichkeit der Anlage bei.
- Der anfallende Klärschlamm des WAV Panke-Finow und anderer Stadtwerke/ Zweckverbände könnte in der HTC-Anlage umweltgerecht weiterverarbeitet und umweltfreundlich entsorgt werden.
- Die Anlage der hydrothermalen Carbonierung könnte zudem auch für das anfallende Herbstlaub und auch bei der Verarbeitung der Bioabfälle aus Gastronomie, Landwirtschaft oder auch dem Eberswalder Zoo genutzt werden.
- Die überschüssige Prozesswärme könnte in das Fernwärmenetz der Stadtwerke eingespeist und/ oder ggf. auch für die Beheizung der Schwimmbäder in Waldfrieden und/ oder im Sportforum Bernau genutzt werden. Letztere vor allem auch mit dem Gedanken, dass eine ganzjährige Abnahme der überschüssigen Prozesswärme sinnvoll ist.
- Es würden rund um die Anlage etliche qualifizierte Arbeitsplätze der chemischen Industrie, aber auch für weniger qualifizierte Menschen geschaffen…“
Würde die Anlage zudem ortsnah zu den Deponieflächen errichtet, ließe sich auch der Aufwand für den Transport des Kunststoffmülls minimieren und würden weitere Kostenvorteile erzielen.
Thomas Dyhr sagte ferner „…Nach den Insolvenzen und den Hinterlassenschaften hat gerade Bernau nach unserer Überzeugung seinen Bedarf an negativen Erfahrungen mit privaten Entsorgern ausreichend gedeckt. Nach unserer Überzeugung gehört die Abfallwirtschaft als Teil der Daseinsvorsorge grundsätzlich in die öffentliche Hand.
Das Problem der verschiedenen Zuständigkeiten/ Interessen von Kommune, Kreis und Zweckverband Panke/ Finow und Stadtwerken Bernau möchten wir über die Gesellschafterstruktur der Betreibergesellschaft lösen, sind aber durchaus auch offen für andere kluge Gedankenansätze. Deswegen haben wir auch in die Liste der offenen Fragen eine Vergleichsrechnung zwischen öffentlichen und privaten Betreibern aufgenommen…
Uns geht es jetzt erst einmal vorrangig um die Frage der grundsätzlichen Machbarkeit und der Kosten, die erst in einem weiteren Schritt zur Verteilung anstehen. Wenn keiner anfängt und die Initiative ergreift, wird das Problem nie gelöst. Wir haben aber die Hoffnung, dass sich das Ganze rechnet und dann ist die Problemlösung viel näher!“
Zu klären wären aus Sicht der Einreicher noch folgende weitere Problemfelder:
- Wie hoch sind die zu tätigenden erforderlichen Investitionen zu beziffern?
- Förderfähigkeit der Investitionen durch EU-/ Bundes- oder Landesprogramme und deren Voraussetzungen?
Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden und lohnt das? - Mögliche Einbindung von Forschungseinrichtungen/ Universitäten und ggf. Aquise von Fördermitteln aus dem Wissenschaftsbereich. Vielleicht ließe sich hieraus auch ein Teil der Betriebskosten aus Forschungsmitteln decken.
- Wie groß ist der Flächenbedarf einer solchen Anlage und wie kann der Flächenbedarf in der Nähe der Deponieflächen gedeckt werden?
- Die Wirtschaftlichkeit der zu tätigenden Investitionen und abzuschätzenden Folgekosten.
- Abklärung der Möglichkeit einer gemeindeübergreifenden Zusammenarbeit unter Einbeziehung des Landkreises, um die Investitionen zu stemmen.
Um diese Fragen fachlich fundiert beantwortet zu bekommen und die Umsetzbarkeit des Vorschlags zu prüfen, wird die Stadtverwaltung beauftragt, eine entsprechende Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Diese kostet sicherlich Geld, welches aber nach Auffassung der Einreicher gut angelegt ist.
In der letzten Sitzung der SVV Bernau hat unsere Fraktion den Antrag zum Kunstoffrecycling vor der Abstimmung zurückgenommen, weil beim damaligen Diskussionsstand keine Mehrheit erkennbar war.
Deutlich wurde in den vorhergehenden Ausschussdebatten das Bedürfnis nach weitergehenden Informationen von etlichen Stadtverordneten formuliert, welchem wir nachkommen wollen, bevor wir einen weiteren Anlauf unternehmen.
Es gelang uns mit Herrn Dipl. Ing. Jörg Strümpel von der Berliner Firma UVE einen Fachmann zu finden, dessen Firma auf dem Gebiet des Kunststoffrecyclings bereits gearbeitet und geforscht hat. Er erklärte sich bereit, über das technische Verfahren, seine Chancen und seine Probleme zu referieren.
Ganz bewusst wollen wir die Veranstaltung auf die Technik und die darauf fußenden Notwendigkeiten fokussieren, um der späteren politischen Diskussion ein sachliches Fundament zu geben. Auf der Basis dieses Fundaments soll dann die Diskussion ohne Verbreiung der verschiedenen Problemfelder wie die Frage der Zuständigkeiten, Betreiberstruktur und Verteilung von Kosten und Nutzen neu aufgenommen werden.
Am Mittwoch, den 24.06.2015 um 18:30 Uhr wird die Infoveranstaltung von der Fraktion Bündnis90-Grüne/ Piraten im großen Saal des “Treff23″, Breitscheidstr. 41a, 16321 Bernau, stattfinden.
Interessierte sind herzlich eingeladen.