Bei der 16. Sitzung der Bernauer Stadtverordnetenversammlung gab der Vorsitzende der Fraktion Bündnis90-Grüne/ Piraten, Thomas Dyhr, auch im Namen seiner Fraktionskollegen und mitwirkenden sachkundigen Einwohner folgende persönliche Erklärung ab:
„(Es gilt das gesprochene Wort.)
Hierzulande gilt das Grundrecht der freien Meinungsäußerung und das ist gut so. Was es aber nicht gibt ist ein Grundrecht auf Beifall.
Wer sich in öffentlicher Rede äußert muss damit leben, dass man sich mit der Rede kritisch auseinandersetzt. Und er muss damit leben, dass man aus der Rede Rückschlüsse auf die Geisteshaltung und Überzeugungen des Redners zieht.
Es gibt gute Reden, die Gedankenanstöße bieten und die Zuhörer zu neuen Einsichten bewegen, wie die Rede unseres Justizministers beim Festakt der Stadt Bernau am 03.10.2015. Und es gibt weniger gelungene Reden, die man günstigenfalls schulterzuckend oder kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen und anschließend zur Tagesordnung übergehen kann.
Aber es gibt eben auch Reden, die man schon um der eigenen persönlichen Glaubwürdigkeit willen kritisch kommentieren muss.
Leider hat ein Mitglied der Stadtverordnetenversammlung unserer Stadt übereinstimmenden Presseberichten zufolge am Dienstag, den 29.09.2015 auf der 92. Dienstagsdemo eine Rede der letztgenannten Kategorie gehalten, deren Aussagen nach meiner persönlichen Überzeugung nicht unkommentiert im Raum stehen bleiben dürfen, sondern einer klaren Antwort bedürfen.
Wer die staatlichen Hilfeleistungen für Flüchtlinge in Beziehung setzt zu einer Debatte, wie am gerechtesten die Lasten kommunaler Infrastruktur auf die Nutzer verteilt werden, verknüpft nicht nur zwei Themen, die miteinander nichts zu tun haben.
Er gibt damit nicht nur seine Unkenntnis der Finanzverfassung unseres Landes öffentlich preis – sondern er schürt auch vorsätzlich Unfrieden mit Halb- und Unwahrheiten.
Er macht sich zudem auch gemein mit der fremdenfeindlichen Hetze einer bedauerlicherweise auch in unserer SVV vertretenen Partei, die den Flüchtlingszustrom propagandistisch für ihre totalitären und verfassungsfeindlichen Zielsetzungen missbrauchen will.Wer die imaginäre oder tatsächlich existierende persönliche Zahnarztrechnung neiderfüllt in Beziehung setzt zu angeblichen Krankenkassenleistungen für Menschen mit nichtdeutschem Hintergrund, manifestiert das auch mit dem Grundgesetz unvereinbare Zerrbild von zweierlei Klassen an Menschen.
Er wendet sich damit ab von dem Ziel einer solidarischen Gesellschaft und verkündet damit öffentlich ein Weltbild als sein eigenes, welches wir in unserem Lande eigentlich mit dem Zusammenbruch im Jahr 1945 vermeintlich hinter uns ließen.„Wir“ und „Die“ ist der Sprachgebrauch einer politisch motivierten gesellschaftlichen Ausgrenzung von Menschen. Seien es Menschen, die unseres Schutzes bedürfen oder aber auch nur anderen gesellschaftlichen Gruppen angehören oder auch nur eine andere Meinung haben.
Es ist der Sprachgebrauch, der andere Menschen erniedrigt, um sich selber groß zu tun. Es ist die Sprache der neid- und hasserfüllten Niedertracht.Es ist der Sprachgebrauch, der unsere Gesellschaft nicht voranbringt, sondern die Gesellschaft durch spalterische Hetze bei der Lösung von Problemen hemmt, für deren Lösung Politiker – seien es berufsmäßige oder Freizeitpolitiker – vom Bürger aber eigentlich gewählt wurden.
Es ist der Sprachgebrauch, der den sozialen Frieden zerstört. Das ist umso befremdlicher, als der soziale Frieden als Ziel von genau jenem Redner immer wieder im Mund geführt wird.Ich spreche jetzt nicht nur für mich, sondern bin auch von meiner Fraktion beauftragt worden, die ausdrückliche Distanzierung unserer Fraktion von derartigen Aussagen auszudrücken.“
Thomas Dyhr nahm mit dieser Erklärung Bezug auf den Auftritt des Stadtverordneten Andreas Neue, BfB, bei der 92. Bernauer Dienstagsdemo, bei der Andreas Neue übereinstimmenden Presseberichten zufolge die Frage in den Raum gestellt haben soll, wieso Geld für Flüchtlinge da sei, aber nicht für die Rückzahlung der Altanschließerbeiträge. Ferner soll Andreas Neue von einer Zahnarztrechnung über 1.500 Euro berichtet haben, die er selbst zahlen müsse und von einem anderen, „nicht deutsch-sprechenden“ Patienten, dessen Rechnung über 5.000 Euro von der Krankenkasse übernommen wird.
Wer Näheres nachlesen möchte, kann den gut geschriebenen und online verfügbaren Kommentar „Selbstdemontage“ in der Bernauer Ausgabe des BLITZ vom 03.10.2015 nachlesen. Die inhaltlich übereinstimmende Berichterstattung der Märkischen Oderzeitung ist leider online nicht verfügbar oder zugänglich.
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