Die Diskussion über den Bau der B 167n ist in Eberswalde neu entflammt. Auf die Anfragen der MOZ zu diesem Projekt nimmt die Stadtfraktion Eberswalde von Bündnis 90/Die Grünen wie folgt Stellung:
Mit den Planungen zur B 167(neu) setzen wir uns seit den 1990er Jahren sehr intensiv auseinander. Im Rahmen der Verkehrsplanungen der Stadt Eberswalde haben wir unsere Position zu den Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr und die Umwelt mehrfach sehr deutlich zum Ausdruck gebracht und die Bürgerinitiativen gegen dieses Projekt aktiv unterstützt.
Für Eberswalde gilt: Der innerstädtische Verkehr ist zu ca. 90 % Quell- und Zielverkehr. Das heißt, der Durchgangsverkehr hat nur einen geringen Anteil am Gesamtverkehr auf der B167(alt). Diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie zeigt aber den Widerspruch zwischen den städtischen Verkehrsproblemen und den Zielsetzungen des Bundes mit der B 167(neu) deutlich auf.
Zu den Fragen im Einzelnen:
(1) Welche Vorteile bringt aus Ihrer Sicht die Umgehungsstraße für die Stadt Eberswalde?
Aus Sicht des Individualverkehrs (PKW) ergeben sich kaum Vorteile, weil sich Quellen und Ziele für Fahrten hauptsächlich am bestehenden Siedlungsband orientieren. Dementsprechend ergäben sich für den überwiegenden Teil aller Fahrten mit Quelle oder Ziel in Eberswalde über die geplante neue Bundesstraße längere Fahrstrecken, verbunden mit einem zusätzlichen Zeitaufwand.
Die Anbindung von Gewerbestandorten im Norden Eberswaldes an die Autobahn in Finowfurt würde sich verbessern. Bei der in Aussicht gestellten Zeitersparnis für die Fahrt bis zur Autobahn handelt es sich allerdings nur um wenige Minuten. Eine Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität ergäbe sich infolge des dann geringeren LKW-Verkehrs in den derzeit genutzen Straßen zu den Industrie- und Gewerbestandorten (Messingwerk, Angermünder Str.) und ebenso in der Marienwerder Str. in Finowfurt.
(2) Welche Nachteile ergeben sich aus dem Projekt für die Stadt und die Region?
Die vom Bund festgelegten planerischen Anforderungen an die B 167 (neu) zwängen alle Anrainerkommunen entlang der Trasse in ein enges Korsett. Nur wenige Knotenpunkte verbinden kommunale Straßennetze mit der neu geplanten Bundesstraße. Das vom Bund immer wieder bemühte Argument der Zeitersparnis ist aus Sicht der Mehrzahl der Nutzer*innen sehr fadenscheinig, weil der zusätzlich erforderliche Zeitaufwand zwischen Knotenpunkt und Quelle oder Ziel im Stadtgebiet bei dieser Betrachtung nicht berücksichtigt wird.
Die Anbindepunkte innerhalb des Stadtgebietes von Eberswalde (Angermünder Straße, Britzer Straße und Breite Straße) würden den Verkehr in und aus Richtung Autobahn bündeln. Besonders problematisch würde sich das im Bereich Nordend/Leibnizviertel auswirken. Der in Nordend gebündelt ankommende Verkehr mit Ziel im Süden und Osten der Stadt würde auf der heutigen L 200 und der B167(alt) weiterhin durch das Stadtzentrum.
Verkehre in Richtung Berlin müssten auf Grund der geplanten Verlegung des Autobahnanschlusses nach Norden gößere Entfernungen in Kauf nehmen als heute.
Positive Auswirkungen auf innerstädtische Quell- und Zielverkehre werden sich nicht zeigen, weil die Hauptverkehrsstraßen auch künftig die Verteilung des Verkehrs auf das Stadtgebiet gewährleisten müssen. Damit bleibt die Verkehrsbelastung auf der heutigen B 167 weiterhin hoch.
(3) Inwieweit ist die Straße eine Entlastung für die Heegermühler Straße und Eisenbahnstraße?
Die entlastenden Wirkungen werden nur marginal eintreten. Heegermühler Straße und Eisenbahnstraße gehören heute und in Zukunft als Hauptverkehrsstraßen zum innerstädtischen Straßennetz. Sowohl Wohngebiete als auch Discounter und einige Gewerbestandorte werden über diese Straßen erschlossen. Verkehre von bzw. zur B 167(neu) werden auch in Zukunft über diese Straßen führen.
(4) Inwieweit können nach Ihrer politischen Einschätzung Umweltaspekte gegen wirtschaftliche Aspekte abgewogen werden?
Im Rahmen des Planungsverfahrens ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen. Das ist zunächst die positive Nachricht. Allerdings werden in Planverfahren Beeinträchtigungen von Natur und Umwelt oft akzeptiert, indem Auflagen zu Ausgleichsmaßnahmen gefordert werden.
Für die betroffenen Naturräume, für wertvolle Naherholungsgebiete und Wohnareale sind erhebliche Beeinträchtigungen durch das Projekt zu erwarten. Unter Berücksichtigung der prognostizierten Verkehrsbelegung und des geringen Beitrags zur Lösung der Eberswalder Verkehrsprobleme ist die enorme Inanspruchnahme von naturnahen Flächen, insbesondere des Niedermoors im Finowtal östlich von Eberswalde, unbedingt abzulehnen. Ähnlich sieht es im Abschnitt bei Bad Freienwalde aus. Umwelt- und Klimaschutz, die Erhaltung von Artenvielfalt und Naturräumen, dürfen nicht für ein völlig überdimensioniertes Straßenprojekt in Frage gestellt werden.
Zusammenfassend läßt sich sagen:
Der Bundesverkehrswegeplan ordnet die B 167 (neu) als Maßnahme mit einer sehr hohen Priorität ein. Vieles spricht jedoch schon seit langer Zeit dagegen. Hauptargumente gegen die Planung sind die zu erwartende geringe Verkehrsbelegung und die enorme Naturzerstörung. Kontinuierlich steigende Baukosten sollten im Bundesverkehrswegeplan ebenso berücksichtigt werden. Viele Meldungen in den vergangenen Monaten haben die marode Verkehrsinfrastruktur der Bundesrepublik Deutschland thematisiert. Dabei handelt es sich nicht nur um sanierungsbedürftige Brücken über Elbe und Rhein, sondern ebenso um Schäden durch unzureichende Instandhaltungsmaßnahmen an Straßen und Eisenbahnstrecken. Es ist höchste Zeit, die Maßnahmenliste des Bundesverkehrswegeplans zu korrigieren!
Die ehrliche Bewertung des Projektes im Rahmen der Finanzplanung des Bundes sollte zu der Erkenntnis führen, dass diese Straße weder für ein erhöhtes Verkehrsaufkommen von West nach Ost benötigt, noch die Verkehrsprobleme in den Kommunen lösen wird. Im Gegenteil. Dieses überhaupt nicht mehr zeitgemäße Projekt blockiert seit ca. 30 Jahren jegliche alternative innerstädtische Verkehrslösungen und sollte daher endlich und für immer zu den Akten gelegt werden.
Karen Oehler

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