Finanzmärkte bändigen… aber wie?

Das war der Titel einer Podiumsdiskussion, die der Kreisverband Barnim am 11.03.2011 in der Aula der Hochschule Eberswalde organisierte. Als Gäste waren der Europaabgeordnete Sven Giegold und der Vorstandsvorsitzenden der SPARKASSE Barnim – Herrn Josef Keil eingeladen.

Mit dem anwesenden und in der Materie vertrauten Rechtsanwalt Dr. Dominik Schneider wurde für das Publikum ein besonderer Service einer kostenlosen individuellen Beratung für Betroffene von Fehlberatungen etc. bei Anlagegeschäften geboten, deren Probleme eher juristischer, als politische Natur sind.

Zu Beginn standen als emotionale Einstimmung in das doch recht trockene Thema gregorianische Gesänge zu Schlagzeilen der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND und der Vortrag eines fälschlicherweise Kurt Tucholsky zugeschriebenen, aber hautnah zum Thema passenden Gedichts unbekannter Herkunft auf dem Program, das unser Mitglied Stefan Stahlbaum vortrug.

Der Verlauf der weiteren von Thomas Dyhr moderierten Diskussion kann hier nur in Schlaglichtern wiedergegeben werden.

Josef Keil hielt einen sehr gut verständlichen und auch für Nicht-Insider nachvollziehbaren  Eingangsvortrag über Marktmechanismen der Finanzwirtschaft. Dieser Vortrag war eine gute Grundlage für die weitere Diskussion.

Deutlich wurde aus dem Vortrag Josef Keils, dass das gesamte Finanzsystem auf Vertrauen beruht. Geschäfte der Kreditwirtschaft sind nur zu einem geringen Bruchteil aus eigenem Kapital gedeckt. Überwiegend arbeiten Banken mit dem Geld der Anleger.

Wenn das Vertrauen der Menschen in das Finanzsystem abhanden kommt und die Menschen im „Hier und Jetzt“ ihre Forderungen geltend machen würden, bräche das System in Gänze zusammen, weil die Forderungen kurzfristig nicht realisiert werden können. Es käme zu einer Form des Domino-Effektes, der ein Kreditinstitut nach dem Anderen und in der Folge die Wirtschaft in den Abgrund reißen würde.

Hieran knüpfte Sven Giegold mit einer Lagedarstellung auf der Ebene Europas, die auch sehr schnell zu den Problemlagen der Staatsverschuldung im Euroraum und deren Ursachen kam. Es wurde hierdurch auch verdeutlicht, dass u.a. zum Beispiel die Niedriglohnpolitik der vergangenen Jahre in Deutschland zu Ungleichgewichten in den Handelsbilanzen führte, die für eine Staatsverschuldung anderer Euro-Länder ursächlich waren. Diese Staatsverschuldung wiederum gefährdet nunmehr auch den Euro und damit auch die deutsche Wirtschaft.

Daher ist die Forderung nach einer europäischen Wirtschaftsregierung auch im Interesse Deutschlands.

Im Zusammenhang mit dem Themenkomplex „Geschäftsgebaren der Kreditwirtschaft“ wurde Josef Keil temperamentvoll und verwies anhand haarsträubender Beispiele aus der Branche mit milliardenschweren Patronatserklärungen für unterkapitalisierte ausländische Tochterunternehmen, die nicht bilanzierungspflichtig seien,  auch auf die Vorschriften über die Qualifikation von Vorständen in der Finanzbranche.

Neben der fachlichen Qualifikation sei auch die persönliche Eignung gefordert, und diesem Punkt sei in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu widmen, denn solches Geschäftsgebaren sei schlicht unanständig.

Sven Giegold berichtete von Abstimmungserfolgen im Europaparlament in der vergangenen Woche, mit denen die lange in der Diskussion befindliche Finanztransaktionssteuer und das Verbot von Leerverkäufen in mühseligem Kampf durchgesetzt worden waren.

Aus den Schilderungen Sven Giegolds wurde deutlich, welche Mühe die dafür erforderliche Überzeugungsarbeit machte und wie jetzt seitens des Europäischen Parlamentes in der Sache auch nachgehalten werden muss, um die Beschlüsse auch gegen die Kommission durchzusetzen.

Beeindruckend fand ich, dass Josef Keil daraufhin aufstand und sich herzlich mit Händedruck bei Sven Giegold hierfür bedankte.

Auch zahlreiche Publikumsfragen wurden in zwei Fragerunden beantwortet.

Nach zwei Stunden war die sehr lehrreiche und auch intellektuell auf recht hohem Niveau verlaufene Veranstaltung beendet. Trotz des hohen Niveaus war es eine Freude zu sehen, wie das Publikum mit dem Thema mitging und Fragen stellte, die inhaltlich an dieser Stelle nicht abgehandelt werden können.

Wir haben die Diskussion gefilmt und werden sie – nach Aufbereitung des Filmmaterials bei YOUTUBE einstellen. Ich werde nach Veröffentlichung darauf hinweisen.

Thomas Dyhr für Stefan Böhmer

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